Jede Gesellschaft ist geprägt durch weltanschauliche
und religiöse Vorstellungen. Diese
Vorstellungen sind gewachsen. In einem
langen Prozess wurde unsere Kultur geprägt
durch die christliche Religion. Die Kirchen
haben diese religiösen Vorstellungen
überliefert und bis heute bewahrt. „Die zentralen
Wurzeln der europäischen Kultur liegen
zweifelsohne im Christentum.“(Paul Tillich, zitiert in: Hilger; Leimgruber;
Ziebertz: Religionsdidaktik. München: 2001,
S. 119.)
Die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden
und Suchenden kann ein Ort sein, wo
man offen und ehrlich die Grundfragen des
Menschseins diskutiert, um Antworten ringt,
miteinander auf der Suche bleibt und das
Geheimnis des Unaussprechbaren feiert.
Die Kirche muss ihre Praxis aber auch immer
wieder kritisch befragen. In der Auseinandersetzung
mit Kindern und Jugendlichen
begegnet die Kirche kritischen Anfragen, an
denen sie sich weiterentwickeln kann. Deshalb
ist Religionsunterricht einerseits Dienst
der Kirche an der Jugend. Er ist andererseits
aber auch (prophetisch-kritischer)
Dienst der Jugend an der Kirche.
Der Religionsunterricht hat durchaus religionskundliche
Aspekte. Religionsunterricht
hat aber auch die Praxis gelebter Religiosität
im Blickfeld. Eine reife Religiosität zeichnet
sich u. a. dadurch aus, dass sie ganzheitliche
Ausdrucksformen entwickelt hat
und diese sinnvoll in das persönliche und öffentliche
Leben integrieren kann. Die Kirche
verstanden als Gemeinschaft der Glaubenden
kann ein konkreter Ort sein, wo diese
Ausdrucksformen gelebt werden.